‘Es ist wichtig, seine Stimme abzugeben’
Die deutsche Bundestagswahl verspricht dieses Jahr definitiv nicht das politische Ereignis des Jahrhunderts zu werden. Prognosen deuten auf eine vierte Amtszeit von Angela Merkel hin, die im Ausland teilweise als „Anführerin der freien Welt“ wahrgenommen wird. In Deutschland bedeutet die Wahl vor allem Stillstand — und Veränderung. Denn mit der Bundestagswahl am Sonntag zieht mit großer Wahrscheinlichkeit auch wieder eine rechte Partei in den Bundestag ein. Die Meinung deutscher Studenten an der Radboud Universität rund um die Wahl, Deutschlands politische Situation und warum manch einer im Namen der Demokratie sogar über die deutsche Grenze radelt.
Marian (21, Politikwissenschaft): ‘Raute oder keine Raute – das ist hier die Frage!’
‘Gewählt habe ich dieses Jahr per Briefwahl. Dazu muss man im Wahlkreis die Briefwahl beantragen und bekommt dann die Unterlagen zugeschickt. Sobald der Brief da ist: Kreuz setzen und so schnell wie möglich abschicken. Ich denke, dass es unglaublich wichtig ist, sein Wahlrecht wahrzunehmen. Das mag sich jetzt ein bisschen dramatisch anhören, aber in anderen Ländern sterben Menschen im Kampf für die Demokratie. Sich einer Wahl zu entziehen, ist letztendlich ein Verrat an den Menschen, die einen hohen Preis gezahlt haben, um uns das Wahlrecht zu verschaffen. Bei meiner diesjährigen Wahl habe ich mich wie immer auf den Wahl-O-Mat verlassen, also den deutschen Wahlgenerator, der die großen Parteien miteinander vergleicht.
Deutschlands politische Zukunft nach Sonntag sehe ich eher positiv. Negativ empfinde ich allerdings, dass mit großer Wahrscheinlichkeit mit der AfD wieder eine rechte Partei in den Bundestag einziehen wird. Deshalb in Panik auszubrechen wäre falsch, aber kritisch sehe ich es auf jeden Fall.’
Pia (19, Psychologie): ‘Der Wahlkampf selbst war langweilig’
‘Gewählt habe ich noch nicht, werde es aber am Wochenende Zuhause ganz klassisch an der Wahlurne tun. Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass man sich dieser Verantwortung in einer Demokratie nicht entzieht — sonst funktioniert das ganze System nicht. Und gerade die Wahl zum Brexit und die amerikanische Präsidentschaftswahl zeigen, wie wichtig es ist, seine Stimme abzugeben.
Der Wahlkampf in Deutschland selbst war dieses Jahr eher langweilig und der Ausgang ist absehbar: Ich gehe davon aus, dass Angela Merkel weiter Bundeskanzlerin bleibt. Schockierend ist allerdings, dass die AfD mit großer Wahrscheinlichkeit in den Bundestag einziehen wird. Vergleicht man deren Prozente mit denen der anderen rechten Parteien, die in Europa auf dem Vormarsch sind, dann ist der Zustand zwar nicht alarmierend, aber durchaus erschreckend.
Anna (21, Erasmus-Studentin Cognitive Science): ‘Opposition durch die AfD ziemlich aufgemischt’
‘Da meine Briefwahl-Unterlagen dieses Jahr relativ spät angekommen sind, bin ich extra mit dem Fahrrad über die deutsche Grenze gefahren und habe den Brief dort eingeworfen, damit er pünktlich am Sonntag ankommt. Ich sehe das Wählen als mein Recht, aber eben auch als meine Pflicht an. Deutsche Politik ist momentan eine Art ‚Einheitsbrei’, die Parteiprogramme sehen sich also sehr ähnlich und damit bin ich nicht zufrieden. Aber gerade wenn man mit bestimmten Aspekten nicht zufrieden ist, muss man aktiv werden, zum Beispiel indem man wählen geht. Auch wenn das heißt, dass man momentan seine Wahl eher nach bestimmten Themen ausrichtet, auf die man besonderen Wert legt.
Mein Gefühl sagt mir, dass sich mit der Bundestagswahl nicht viel ändern wird, aber sicherlich wird die Opposition durch die AfD ziemlich aufgemischt. Eine starke Opposition ist zwar gut, aber ich traue der AfD keine konstruktive Kritik zu. Zudem wird der Abstand zwischen den rechten und linken Extremen in Deutschland immer größer — und die etablierten Parteien tragen durch ihre Resignation dazu bei. Das ist ein verschlafener Zustand. Wir sollten da viel aufmerksamer sein.’ / Antonia Leise
Sonntag, 16.00 Uhr: Wahlkampf, Cultuurcentrum Lux